Der Report
Afrozensus 2020
In Deutschland leben über 1 Million Menschen afrikanischer Herkunft. Bis jetzt gab es über diese Gruppe kaum weitere statistische Angaben.
Der Afrozensus ändert das. Er ist die größte jemals durchgeführte Befragung unter Schwarzen, afrikanischen und afrodiasporischen Menschen in Deutschland zu fünf Themenbereichen:
- Engagement
- Diskriminierungserfahrungen in 14 Lebensbereichen
- Anti-Schwarzen Rassismus
- Umgang mit Diskriminierung
- Resilienz und Empowerment
Insgesamt zeigt sich: Die individuellen Erfahrungen der einzelnen Teilnehmenden werden durch die eindeutigen Ergebnisse bestätigt.
Der Report 2020
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Afrozensus 2020
Die Daten machen sehr deutlich: Schwarze, afrikanische und afrodiasporische Menschen sind sehr divers.
Gleichzeitig machen Sie aber auch zahlreiche geteilte Erfahrungen.
Die Diversität zeigt sich bereits bei den Teilnehmenden:
Sie sind in 144 Ländern geboren.
Die meisten davon in Deutschland (2.822 Personen)...
...danach folgen die USA (111), Nigeria (81), Ghana (76), Kenia (62), Eritrea (56), Äthiopien (54), Kamerun (49) und Brasilien (47).
Die Gesamtbevölkerung in Deutschland ist im Durchschnitt 44,3 Jahre alt.
Afrozensus-Befragte sind verhältnismäßig jung.
Die meisten Befragten sind zwischen 20-39 Jahren alt.
Dies entspricht der offiziellen Statistik.
Laut DESTATIS Mikrozensus sind Menschen afrikanischer Herkunft in Deutschland insgesamt sehr jung.
Die meisten Befragten sprechen 3 Sprachen.
Die Befragten unterscheiden sich auch in ihren Selbstbezeichnungen...
Die meisten Afrozensus-Befragten positionieren sich unter anderem als “Schwarz” (74,9 % von n = 3834).
Die am häufigsten genannte Kombination von Selbstpositionierungen ist die aus “Schwarz”, “Afrodeutsch” und “Person of Colour”.
...über 90 % der Befragten geben an, dass ihnen ungefragt in die Haare gegriffen wird.
Das ist ein Beispiel für das Othering und die Exotisierung Schwarzer Menschen.
Eine Befragte teilt diese Erfahrung:
“Ich saß mit dem Buch ‘Deutschland Schwarz Weiß’ von Noah Sow am Hbf. und wurde von einer älteren Dame angesprochen (ohne Vorwarnung, keine Entschuldigung), ob, meine Haare denn echt seien. Während der Frage folgte auch schon der Griff in meine Haare. Ich war bestimmt 30 Sekunden wie gelähmt. Ich klappte mein Buch zu und suchte während dieser Zeit die versteckte Kamera, weil ich wirklich fest überzeugt war, dies wäre ein Test oder Sketch. Ich las dieses Buch!!! Und dann greift mir doch tatsächlich einfach jemand in die Haare. Ich habe es einfach NICHT glauben können.”
Aber auch die Sexualisierung Schwarzer Menschen ist eine häufige Erfahrung.
Insgesamt geben fast 80 % an, auf Dating-Apps sexualisierte Kommentare bezüglich ihres Aussehens bzw. ihrer ‘Herkunft’ zu erhalten.
Auch die Kriminalisierung ist eine geteilte Erfahrung.
Über 56 % geben an, gefragt zu werden, ob sie Drogen verkaufen.
...und über 56 % geben ebenfalls an, ohne Grund von der Polizei kontrolliert zu werden.
Eine Person teilt diese Erfahrung:
Über 90 % geben an, dass ihnen nicht geglaubt wird, wenn sie Rassismus ansprechen.
Wenn sie Kritik äußern, wird ihnen vorgeworfen, wütend zu sein. Diese Erfahrung teilen 86 % der Befragten.
Das Dilemma der Reaktion
Im Bericht haben wir das Dilemma der Reaktion identifiziert:
Egal welchen Weg wir individuell wählen,...
...ob wir Anti-Schwarzen Rassismus ignorieren oder relativieren,...
...oder aktiv kritisieren…
...beides ist mit Kosten für uns verbunden und es kann immer sein, dass die Diskriminierung weiter zunimmt.
Um Anti-Schwarzem Rassismus zumindest im Ansatz zurückzudrängen, ist deshalb ein politischer Fokus auf das Empowerment Schwarzer, afrikanischer und afrodiasporischer Menschen notwendig.
Weil Anti-Schwarzer Rassismus spezifisch wirkt, sind auch spezifische Maßnahmen notwendig:
- Im Rahmen der UN-Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft:
Aktionspläne der Regierung zur Bekämpfung von Anti-Schwarzem Rassismus und zum Empowerment Schwarzer, afrikanischer und afrodiasporischer Menschen - Deutschlandweit Beratungsstellen für Betroffene von Anti-Schwarzem Rassismus
- Universitäts-Departments zu Black Studies
Wichtig ist außerdem:
- Finanzielle Förderung:
Empowerment muss als strategisches Ziel das Demokratiefördergesetz strukturieren. - Institutionalisierung:
Es braucht Empowerment-Infrastruktur, u. a. in Form von Communities-Zentren.
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Neben den geteilten Erfahrungen mit Anti-Schwarzem Rassismus, gibt es aber auch signifikante Unterschiede.
Der Afrozensus 2020
Besonders von Diskriminierung betroffen sind trans*, inter* und nicht-binäre Menschen, Befragte mit Beeinträchtigung und/oder Behinderung sowie Schwarze Menschen mit zwei afrikanischen oder afrodiasporischen Elternteilen.
Im Bereich Gesundheit und Pflege erfahren z. B. Schwarze trans*, inter* und nicht-binäre Menschen besonders häufig Diskriminierung.
Im Vergleich zu Cis-Menschen geben sie hier am häufigsten an, Diskriminierung zu erleben (81,7 % von n = 104).
Von den Cis-Männern geben 50,3 % an, in diesem Bereich disrkiminiert worden zu sein und von den Cis-Frauen 67,1 %.
Auch zwischen Befragten mit und ohne Beeinträchtigung gibt es statistisch signifikante Unterschiede der Diskriminierungserfahrungen.
8 von 10 Befragten mit Beeinträchtigung geben an, im Kontakt mit Ämtern und Behörden diskriminiert zu werden (81,6 % von n = 267) .
Unter den Befragten ohne Beeinträchtigung sind es 6 von 10 (62,8 % von n = 1175).
Auf dem Wohnungsmarkt erleben u. a. Befragte mit zwei afrikanischen / afrodiasporischen Elternteilen häufig Diskriminierung.
83,4 % geben an, auf dem Wohnungsmarkt diskriminiert worden zu sein.
Das ist deutlich häufiger, als Befragte mit einem afrikanischen Elternteil (65,9 % von n = 1036).
Wir machen also unterschiedlich häufig Erfahrungen mit sich überschneidenden Formen von Diskriminierung.
Deshalb ist es wichtig, die Anstrengungen für notwendige Bündnisse und communities-internen Austausch zu Lebensrealitäten und struktureller Diskrimierung zu intensivieren.
Die Intersektionalität und Multidimensionalität, die sich in den Daten zeigt, muss noch mehr zum Kern der Communities-Arbeit werden.
Der Vulnerabilität von Teilgruppen sollte mit Ressourcen, Räumen sowie solidarischer Verantwortung und Communities-Care begegnet werden.
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Der Afrozensus wurde gemeinsam von Each One Teach One (EOTO) e.V. und Citizens For Europe (CFE) umgesetzt.
Die Alice-Salomon Hochschule und das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung haben den Afrozensus wissenschaftlich begleitet.
Die Erhebung und der Bericht wurden durch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes finanziert.
Die Homepage wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen von Demokratie leben! finanziert.